Warum Kaninchen Haken schlagen

Unterschied des Feldhasen zum Wildkaninchen

All unsere Hauskaninchen stammen vom Wildkaninchen ab. Sie unterschieden sich eher optisch als im Wesen vom Wildkaninchen. Sie haben einen identischen Bewegungs- und Verdauungsapparat. Viele Kaninchenhalter haben sich bereits gefragt, weswegen ihre Kaninchen immer so viele Haken schlagen, wenn sie übermütig und freudig umher toben. Der Grund ist ein ganz einfacher: Wildkaninchen können nur kurze Strecken mit maximal 40 km/h rennen. Für Fluchttiere auf freiem Feld würde das aufgrund der heimischen Beutetiere tödlich enden, Kaninchen wären möglicherweise selten oder ausgestorben.

Wildkaninchen sind alles andere als selten. Das verdanken sie ihrer Eigenschaft, dass sie Haken schlagen können. Sie drehen sich in der Luft und rennen in eine ganz andere Richtung weiter. Für Räuber, die hinter ihnen her rennen oder sie aus der Luft angreifen, sind solche Richtungswechsel nicht möglich. Das Wildkaninchen schlägt mehrere solcher Haken und kann sich in die nächste Böschung oder einen Kaninchenbau retten. Heutige Hauskaninchen übernehmen diese Eigenschaften der Wildkaninchen und schlagen im Übermut oder bei Flucht Haken. Im Spiel trainieren sie diese Eigenschaft beim Toben und können Muskeln und Skelett gesund und kräftig halten. 

Der Feldhase läuft bis 70 km/h auf längeren Strecken. Die Strategie ist eine ganz andere: Der Feldhase rennt auf offenem Feld schneller als seine Angreifer, die zugleich schnell erschöpft sind. Gegen Angreifer aus der Luft versucht der Feldhase genau wie das Wildkaninchen gar nicht erst aufzufallen oder schnell in der Böschung zu sein. 

Die Strategieansätze beider Fluchttiere sind anders, funktionieren in freier Wildbahn nicht immer, sichern jedoch die Erhaltung des Bestands.

Kräftige Hinterläufe für weite Sprünge

Die Hinterläufe der Kaninchen sind viel kräftiger als die Vorderläufe sowie die Muskelfaserstruktur anders und elastischer als bei den Vorderläufen ist. Kaninchen können aus dem Stand in die Luft oder auch vorne springen. Beim Laufen erhöhen sie die Geschwindigkeit und werden mit einem Sprung noch mehr Entfernung zurücklegen. Selbst kleine Rassen schaffen mit einem Sprung mehr als einen Meter, grosse Rassen schaffen zwei bis drei Meter pro Bodenberührung. 

Kaninchen liegen beim Rennen einen kurzen Moment lang gestreckt in der Luft, beim Aufsetzen werden nur die Pfoten der Hinterläufe den Boden kräftig berühren. Wenn die Kaninchen sich in der Luft etwas drehen und beim Aufsetzen mit sehr kräftigem Sprung die Energie in die andere Richtung legen, schlagen sie Haken. Wer schon einmal ein flüchtendes Kaninchen beobachtet hat, kann bei der Flucht auf offener Fläche sehen, dass Kaninchen schnell mehrere Haken hintereinander schlagen. Das verwirrt die Angreifer, die ihre Beute entweder nach einem Auflauern, mit einem grossen Sprung oder einem Luftangriff packen oder nach einem kurzen geradlinigen Sprint überwältigen wollen. Das wären zumindest die typischen Strategien der Raubtiere.

Aufgrund der kräftigen Hinterläufe können Kaninchen nicht gleichmässig laufen, wie es andere Tiere machen. Sie hoppeln über den Boden oder rutschen. Dabei schieben sie erst die Vorderläufe vor und ziehen die Hinterläufe nach. In vielen Situationen wollen die Kaninchen nur einige cm weiter kommen, grosse Sprünge wären hinderlich.

Kaninchen brauchen Platz

Noch immer werden Kaninchen in beengten Käfigen gehalten. Das führt auf Dauer zu körperlichen und psychischen Leiden. Kaninchen wollen jederzeit flüchten können und brauchen deswegen Bodenkontakt unter den Füssen, sie werden nicht gerne hochgehoben. Wenn der Käfig zur Flucht bereits zu klein ist, nehmen Kaninchen auf Dauer psychischen Schaden.

Der Bewegungsapparat der Kaninchen muss regelmässig gefordert werden, damit er vor allem während dem Heranwachsen keine Schäden nimmt. Wenn Kaninchen nicht regelmässig etwas toben, springen, laufen und Haken schlagen, kann es zu Fehlstellungen, Fehlhaltungen und damit zu schweren Problemen kommen.

Es ist deswegen sehr wichtig, dass die Kaninchen wenigstens einen Bereich haben, wo sie etwas laufen können. Pro Kaninchen sind mehrere m² Freilauf notwendig, um ihren Bedürfnissen gerecht zu werden. Bei Innenhaltung können sie durchgehend einen Bereich haben, der täglich für mehrere Stunden einen Zugang zu einem grösseren freigibt. Für die Aussenhaltung wäre es sinnvoll, ein grosses Aussengehege für Kaninchen zu bauen. Der Kaninchenstall kann in diesem stehen oder einen Zugang zu diesem haben. 

Die Kaninchen nicht stressen

Als Fluchttiere erschrecken Kaninchen schnell. Wenn sie auf den Boden klopfen, dann haben sie häufig Angst und wollen andere Kaninchen warnen. Kaninchen klopfen auch bei Übermut, aus Langeweile oder Einsamkeit auf den Boden. Es ist jedoch ein typisches Warnsignal, womit andere Kaninchen schauen, in welche Richtung sie rennen müssen oder direkt in die Büsche springen.

Wer nur eben nach Futter schaut und die Kaninchen damit in die Flucht treibt, soll sie in Ruhe lassen und warten, bis sie von alleine wieder rauskommen. Wenn die Tiere ausgelassen umher toben, dann kann man schauen, ob man etwas mit toben kann. Im besten Fall werden Kaninchen so zahm, dass sie einem auf den Schoss springen. Dennoch brauchen sie wenigstens einen Artgenossen, möglichst vom anderen Geschlecht und zur Sicherheit immer kastriert.

15. September 2023 10:07